Polizeiliche Vorladung bekommen ... was tun?
Der
„nemo
tenetur ipsum accusare“-
Grundsatz besagt, dass niemand gezwungen ist, sich selbst zu
belasten.
Dieser
Grundsatz, der sich prozessrechtlich in §
136 Abs. 1 Satz 2 StPO (für den Beschuldigten) und §
55 Abs. 1 StPO (für den Zeugen) findet, hat seine Grundlage im
Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art.
2 Abs. 1 GG) und der vom Staat zu schützenden Menschenwürde
(Art. 1
Abs. 1 GG), die auch vor einem in der Situation einer
Konfrontation mit der staatlichen Gewalt empfundenen Zwang schützen,
sich selbst zu lasten. Demgemäß wird der nemo-tenetur-Grundsatz als
ein grundrechtsgleiches Recht verstanden.
Die
Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung, nicht selten auch die
Aufforderung, zu einem Vorwurf schriftlich Stellung zu nehmen, ist in
aller Regel die erste Information, die der Beschuldigte über ein gegen sich selbst
gerichtetes Verfahren erhält. Oft erweckt die Vorladung durch die Polizei
bei dem rechtlichen Laien den Eindruck, dass er verpflichtet sei, der
Vorladung Folge zu leisten. Jedoch ist es in einem Rechtsstaat
niemandem zuzumuten, an der eigenen Strafverfolgung mitzuwirken. Von
daher besteht auch keine Verpflichtung für einen Beschuldigten, der
polizeilichen Vorladung nachzukommen.
Sobald
der Beschuldigte eine Vorladung erhält, stehen ihm drei Alternativen
zur Verfügung:
Der
Beschuldigte unternimmt gar nichts und lässt die ganze Angelegenheit
auf sich ruhen.
Dies
wird nicht selten dazu führen, dass er wenige Monate später eine
Anklageschrift zugestellt bekommt. Zwar dürfen aus dem
Nichterscheinen keine negativen Schlüsse für den Beschuldigten
gezogen werden, jedoch bringt dieser durch seine
Untätigkeit auch keine entlastenden Momente zum Ausddruck.
Der
Beschuldigte kommt der Vorladung nach, erscheint bei der Polizei und
sagt zur Sache aus.
Die
Vorstellung, zur Polizei zu gehen und sie mit einer zurecht gelegten
Schilderung aufzuklären, dass an dem Vorwurf
nichts dran ist, kann vorschnell und trügerisch sein. Wenn die
Polizei den Beschuldigten zur Vernehmung lädt, hat sie in der Regel bereits die
anderweitig bestehenden Möglichkeiten genutzt, den Sachverhalt
betreffend den gegen den Beschuldigten aufgetretenen Verdacht auf Begehung einer
Straftat aufzuklären. Der Verdacht hat sich nicht zerstreut,
womöglich sogar vielmehr erhärtet. Denn ansonsten hätte der
Staatsanwalt das Verfahren mangels Tatverdachts ohne die Vernehmung des Beschuldigten eingestellt und dieser hätte nie etwas davon erfahren.
Der
Beschuldigte weiß absolut nicht, welche Erkentnisse die Polizei bereits
hat und oder womit sie den Beschuldigten in Erklärungsnöte
bringen kann. In dieser Situation liegen im Regelfall alle Vorteile
auf Seiten der vernehmenden Polizei. Der Beschuldigte muss bei jeder
Frage mit Überraschungen rechnen, auf die er in der Vernehmung nur
spontan reagieren kann, ohne die Möglichkeit, vor der Antwort
überprüfen zu können, ob er sich nicht gerade selbst bezichtigt.
Der
Beschuldigte entscheidet sich dafür, einen Verteidiger
einzuschalten.
Der
Beschuldigte sollte sich einen Strafverteidiger aufsuchen, damit
dieser zunächst einmal Einsicht in die Strafakte erhält. Denn nur
ein Verteidiger ist im Strafverfahren befugt, in die Akten einzusehen
und die amtlich verwahrten Beweisstücke zu besichtigen; der
Beschuldigte selbst hat keinen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Nach
Sichtung bzw. Fotokopie der Akten wird der Verteidiger dem
Beschuldigten den Inhalt mitteilen und mit ihm gemeinsam eine
geeignete Verteidigungsstrategie aufbauen.
Sollte
sich der Beschuldigte dazu entschließen, einen Verteidiger zu
mandatieren, sollte er dies unbedingt vor einer Aussage bei der
Polizei machen. Anderenfalls besteht die nicht unerhebliche Gefahr,
dass er die Verteidigungsstrategie seines späteren Verteidigers
einschränkt.
Rechtsanwalt Serkan Kirli
Rechtsanwälte Kirli & Ippolito GbR
Anschrift:
Frankfurterstr. 30, 51065 Köln
Tel: 0221 16954321
Fax: 0221 16955491
www.ra-serkankirli.de
kanzlei@rae-kirli-ippolito.de (alternativ ra.kirli77@gmail.com)
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