Mittwoch, 17. Juli 2013

Keine “Heimtücke” bei vorausgegangener verbaler Auseinandersetzung

In dem vom Verfasser als Nebenklägervertreter beteiligten Strafverfahren verurteilte das Bonner Schwurgericht am 12.12.2012 einen 21 jährigen Türken wegen Totschlages im Zustand verminderter Schuldfähigkeit zu einer Freiheitstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten, nachdem zuvor ein heimtückischer Mord angeklagt war. Die Staatsanwaltschalt hatte für eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren plädiert.
Das Tatgeschehen
Am Tattag begegnete der Angeklagte auf einer Bahnhaltestelle seinen Schwager, das spätere Tatofer. Der Angeklagte ging auf das Opfer zu. Er wollte diesen zur Rede stellen, nachdem es einen Tag zuvor wieder zu einer körperlichen Auseinadersetzung zwischen ihm und seiner Schwester gekommen sei. Hierbei nahm der Angeklagte auch in Kauf, dass er das Opfer mit seinen Fäusten auch verprügeln wird. Während des Gesprächs wies das Opfer darauf hin, dass sich der Angeklagte aus der ganzen Angelegenheit raushalten solle. Die Kammer gelang zu der Überzeugung, dass das Opfer einen Schritt auf den Angeklagten zuging. Das Gericht hielt es auch für gut möglich, dass das Opfer den Angeklagten in kurdischer Sprache mit den Worten, “Ich ficke Deine Schwester”, “Ich ficke dich”, “Ich ficke Deine ganze Familie. “Wer bist Du?” beleidigt hatte.
Der Angeklagte war hierüber derart erbost, dass er zum mitgeführten Klappmesser, mit einer ca. 10 cm langen Klinge, griff. Er stach insgesamt acht mal in die Brust- bzw. Bauchgegend des Opfers ein. Der erste Stich traf das Opfer in Bauchhöhe. Nachdem sich das Opfer gekrümmt hatte und zunächst ausweichen konnte, stach der Angeklagte nach und nach erneut ein. Das Opfer ging daraufhin zu Boden. Während das Opfer rücklings am Boden lag, versuchte es sich mit Händen und Füßen zu wehren. Hierbei erleidete er auch an den Händen drei Stichverletzungen. Der Angeklagte schrie auf das Opfer ein und suchte immer wieder nach Gelegenheiten, diesem am Oberkörper zu stechen. Nachdem das Opfer sich aufrichten konnte und taumelte, nahte sich der Angeklagte zu ihm und schubste ihn von der Bahnsteigkante auf die Bahngleise. Es näherte sich eine Straßenbahn. Nachdem Sturz kam das Opfer erneut auf die Beine und versuchte auf den Bahnsteig zu klettern. Der Angeklagte gab ihm hierbei einen wuchtigen Fusstritt gegen den Kopf, so dass es dem Opfer nicht mehr gelingen konnte, wieder auf den Bahnsteig zu gelangen. Das Opfer fiel bewusstlos auf die Gleise und blieb dort liegen.
Das Tatnachgeschehen
Als der Angeklagte erkannte, dass das Opfer regunglos auf dem Boden lag, rief er mit seinem Handy den Polizeinotruf an. Als der diensthabende Polizeibeamte den Anruf entgegen nahm, wurde er von dem Angeklagten mit den Worten, “Hurensöhne, Hundesöhne, Ich ficke Euch alle..Ihr habt mein Leben zerstört.” beleidigt. Der Angeklagte konnte noch am Tatort von der zwischenzeitlich eingetroffenen Polizei festgenommen werden. Ungefähr dreieinhalb Stunden später erlag das Opfer im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Keine Heimtücke nach vorausgegangener verbaler Auseinandersetzung
Entgegen der urspünglichen Anklage, konnte die Strafkammer einen heimtückischen Mord nach ” 211 StGB  nicht feststellen. Hiergegen spreche schon der spontane Wechsel vom Verletzungs- zum Tötungsvorsatz.
Verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten
Die Kammer konnte aufgrund der Angaben des psychiatrischen Sachverständigen sowie der Umstände der Tat nicht ausschließen, dass der Angeklagte bei der Tat bei erhaltener Unrechtseinsicht in seiner Steuerungsfähigkiet erheblich beeinträchtigt war, § 21 StGB.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Verteidigung Revision eingelegt hat.

Rechtsanwalt Serkan Kirli

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